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Gebietsbetreuung

Hagspielmoor


Einsatz für das Hagspielmoor in Scheidegg-Scheffau

Warum Moorrenaturierung so wichtig ist

Moorschutz ist derzeit ein großes Thema im Naturschutz. Die Naturschutzbehörden bei Regierung und Landratsämtern im Allgäu haben hier mit der Gründung der Allgäuer Moorallianz einen Schwerpunkt gesetzt. Auch in der Regionalentwicklung werden Projekte zum Moorschutz vorangetrieben.

Moore gehören zu den stark gefährdeten Lebensräumen. Durch Torfstiche in der Vergangenheit und die damit verbundenen Entwässerungen, aber auch durch Nährstoffeinträge aus der Umgebung verändern sich die Hochmoore. Sie degenerieren durch Austrocknung und Eutrophierung. Das Artenspektrum verschiebt sich, moortypische Tiere und Pflanzen finden kaum Ersatzlebensräume und sind vom Rückgang oder Aussterben bedroht. Neben den Behörden werden auch Verbände wie der Bund Naturschutz aktiv und tragen Projekte, die dem Moorschutz dienen, wie die Gebietsbetreuerstelle "Tobel, Moore und Bodenseeufer" und nicht zuletzt Umsetzungsprojekte im gesamten Allgäu. Eines davon ist die Renaturierung des Hagspielmoores in Scheidegg-Scheffau.

Dieses Moor umfasst mit den vorgelagerten Streuwiesen etwa 43 ha Fläche, der Hochmoorkernbereich hat eine Größe von 22 ha. Das Hagspielmoor ist Landschaftsschutzgebiet und wird im Arten- und Biotopschutzprogramm (ABSP) Band Lindau als überregional bedeutsam eingestuft. Als Leitarten sind der Hochmoorgelbling (Colias palaeno), der Hochmoor-Perlmuttfalter und die Hochmoor- Mosaikjungfer (Aeshna subarctica) sowie das Rundblättrige Wintergrün (Pyrola rotundifolia) und die Sumpf-Blumenbinse (Scheuchzeria palustris) im ABSP genannt.

Etwa die Hälfte des Hochmoorkerns befindet sich im Eigentum des Landkreises Lindau, der Rest ist in Privateigentum. Beide Eigentümer befürworten die Renaturierungsmaßnahmen ausdrücklich.

Der Hochmoorkern ist durchzogen von Entwässerungsgräben. Durch diese Gräben wird das Hochmoor noch immer stetig entwässert, was zur weiteren Degeneration führt. Nur durch gezielte Maßnahmen – langfristig auf der gesamten Fläche – ist dieser Prozess zu stoppen, bzw. das Moor wieder zu regenerieren. Die Kreisgruppe Lindau des Bundes Naturschutz hat sich bereiterklärt, dafür die Trägerschaft zu übernehmen. Hierbei werden in mehreren Schritten umfangreiche Entbuschungen und Grabenschließungen durchgeführt.

Die Maßnahmen zum Moorschutz haben vielschichtige Wirkungen.

Artenschutz

Die meisten moortypischen Arten aus dem Tier- und Pflanzenreich sind durch Degeneration dieser Lebensräume gefährdet.

Durch die Entbuschungen und Grabenschließungen können sich diese Bereiche wieder regenerieren.

Durch die Entnahme von Gehölzen wird die Verschattung des Moorkernes beendet, sowie die erhöhte Verdunstung durch die Bäume und Sträucher reduziert. So kann sich die für diesen Bereich typische kleinklimatische Situation wieder einstellen. Gleichzeitig werden die hochmoortypischen Pflanzengesellschaften mit beispielsweise Torfmoosen, Schwingrasen, Wollgräsern und Vaccinium-Arten gefördert.

Besonderes Augenmerk soll bei den Renaturierungsmaßnahmen im Hagspielmoor auf die laut der „Roten Liste der gefährdeten Tier- und Pflanzenarten" als „Stark gefährdet" eingestuften Arten gerichtet werden, wie z. B Hochmoorgelbling / Colias palustries, Hochmoor- Perlmuttfalter / Boloria aquilonaris, Hochmoor-Mosaikjungfer / Aeshna subarctica und Kreuzotter / Vipera berus. Hierzu müssen Pflege- und Anstaumaßnahmen besonders sorgfältig auf diese Arten abgestimmt werden, was auch bedeutet, die Planung und den Ablauf an den Lebensrhythmus dieser Arten anzupassen:

Kreuzotter
Hochmoorgelbling
Hochmoor-Mosaikjungfer

Hochwasserschutz, Gewässerschutz

Die Funktion der Moore als Retentionsräume sind nicht zu unterschätzen. Moore können Wasser aufnehmen, wie ein Schwamm. Mit ihrem hohen Speichervolumen dienen sie der natürlichen Wasserrückhaltung und damit dem vorbeugenden Hochwasserschutz. So sind intakte Moore dank ihrer Wasserhaltekraft ein ausgleichender Faktor bei Starkregenereignissen, wie sie im Zuge des Klimawandels immer häufiger zu werden drohen. Der Scheitelabfluss eines regenerierten oder intakten Hochmoores ist nur etwa 1/5 dessen einer kultivierten Fläche. Auch die Abflussspitzen eines Waldes sind deutlich höher, als die von Mooren. Das Wasser wird noch lange in der Moorfläche zurückgehalten und fließt langsam ab. Außerdem haben Moore eine nicht zu unterschätzende Filterfunktion und binden z.B. Schwefel oder Phospate in unlöslichen Verbindungen.

Klimaschutz

Durch die Bindung von großen Mengen an Biomasse tragen sie entscheidend zur CO2-Bindung und damit zu einer Abschwächung der Klimaerwärmung bei. Werden Moorgebiete geschützt bzw. renaturiert und in diesen Funktionen gestärkt, ist ihr Beitrag zum Klimaschutz nicht zu unterschätzen. Wenn man bedenkt, dass alle Moore der Erde mit 550 Mrd. Tonnen ca. 70 % des atmosphärischen Kohlenstoffs enthalten und dabei nur 3 % der Erdoberfläche ausmachen, kann man diese Dimension begreifen. Ein Hektar Moor kann bis 1500 kg. CO2 pro Jahr speichern. Es gibt Untersuchungen, die besagen, würde man alle Moore Bayerns renaturieren, wären bereits 3 % des Klimaschutzzieles erreicht.

Wie wichtig der Moorschutz ist, um zu verhindern dass unsere Moore völlig degenerieren, zeigt auch folgendes Beispiel: So kann in entwässerten Mooren durch Lufteintritt die Mineralisation (die auch CO2 freisetzt) stattfinden und der Torfschwund pro Jahr 3 cm betragen. Im Gegensatz dazu wächst ein naturnahes Moor gerade mal 1 – 2 mm pro Jahr.

Moore - Perlen der Landschaft erhalten

Nur durch gezielten Moorschutz und Renaturierungsmaßnahmen können die einzigartigen Moor-Lebensräume weiterhin zur biologischen und naturräumlichen Vielfalt unserer Landschaft beitragen und ihre Schutzfunktionen im Hinblick auf den Klimawandel aufrecht erhalten werden.

Das Projekt Renaturierung Hagspielmoor wird vom BN in enger Zusammenarbeit mit der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt Lindau, der Höheren Naturschutzbehörde bei der Regierung von Schwaben als Förderstelle und in Kooperation mit der „Allgäuer Moorallianz" erarbeitet und umgesetzt.

Die Umsetzung

Die Hochmoor-Mosaikjungfer besiedelt in Südbayern ausschließlich torfmoosreiche Hoch- und Übergangsmoore sowie Torfstiche, und hier wiederum meist die Verlandungszonen der Tümpel und Schlenken. Deshalb muss der Erhalt, bzw. die Bildung von Schlenken und Wasserflächen mit Torfmoosen und Schwingrasen für diese Libellenart in der Ausführung eine bevorzugte Rolle spielen. Außerdem brauchen alle Libellenarten freie Anflugmöglichkeiten, was durch Gehölzentfernungen / Entbuschungen erreicht wird.Die Raupen des Hochmoorgelblings leben an Heidelbeer- und Rauschbeer-Zwergsträuchern, die Falter brauchen als Nahrungspflanzen die Streuwiesen im Umfeld des Moores. Deshalb soll bei den Pflegemaßnahmen die Schaffung von Flugschneisen zum Streuwiesengürtel beachtet werden, damit die Korrespondenz zwischen dem Falter-Nahrungsgebiet und den Pflanzen im Hochmoorkern zur Eiablage gesichert ist. Außerdem werden die Raupen-Fraßpflanzen durch die Entbuschungen gefördert.Der Winterschlaf und das Verhalten der trächtigen Weibchen der Kreuzotter sind Parameter, die in den Pflegeabläufen beachtet werden müssen: Während der Winterruhe werden keine Anstaumaßnahmen durchgeführt, damit die in der Winterstarre befindlichen Tiere nicht ertrinken. Es werden weiterhin Gehölzinseln als Versteckplätze erhalten.

Bei der Moorrenaturierung soll das Moorwachstum durch Einstau wieder angeregt werden. Wichtig ist dabei, den Abfluss in wasserführenden Gräben durch Stauwerke zu stoppen. Dazu muss bis auf die Grabensohle aufgegraben und das Querbauwerk stabil eingebracht werden. Im Hagspielmoor kommen Dielen aus heimischer Weißtanne zum Einsatz, die mit senkrechten Pfählen gesichert werden. Der Abstand zwischen den Stauwerken richtet sich nach dem Gefälle des Geländes.

Bei den Grabenschließungen kommen im anfahrbaren Moorrandbereich auch Maschinen zum Einsatz. Im Hochmoorkernbereich ist dies jedoch größtenteils nicht möglich. Hier besteht eine Zusammenarbeit mit dem Bergwaldprojekt e.V., das mit ehrenamtlichen Helfern Grabenschließungen und Entbuschungen von Hand vornimmt. Dadurch wird sowohl die Vegetation im Moor geschont, als auch die Gefahr gebannt, dass Maschinen im Moor versinken. Das Bergwaldprojekt kann langjährige Erfahrungen im Moorschutz vorweisen und ist so der ideale Partner für den BN. Diese Art der Grabenverbaus ist zwar sehr arbeitsintensiv und schweißtreibend, aber die schonendste Methode für die empfindliche Moorvegetation.

Forschungen haben ergeben dass ein Einstau bis ca. 10 cm unter der Vegetations-oberkante für das Moorwachstum und den Klimaschutzeffekt am günstigsten ist. Bei zu großem Überstau können wieder Kohlenstoffen freigesetzt werden. Im Bereich größerer und tiefer Torfstiche lässt sich die Bildung von Wasserflächen allerdings nicht vermeiden. Dort sind dann auch die positiven Aspekte für den Artenschutz – vor allem für die Libellenarten – durchaus hervorzuheben. In solchen Bereichen ist es dann allerdings sinnvoll, Astmaterial zum „Andocken" für Tormoose im Wasser zu belassen. Dies fördert die Schwingrasenbildung und die offene Wasserfläche schließt sich schneller.

Außerdem wurde im Rahmen der Maßnahmen der Anteil an Gehölzen im Hochmoorkern verringert. Standortfremde Bäume, wie z. B. die Waldkiefer werden entfernt.

Die Arbeiten im Hagspielmoor laufen seit Winter 2007/2008. Dabei wurden zuerst im östlichen Randbereich große Bäume entnommen und bis in den Hochmoorkern entbuscht. Nächste Maßnahmen waren im Frühsommer 2008 Grabenschließungen in diesem Bereich mit insgesamt 25 Stauwerken und zwar sowohl mit Handarbeit als auch mit Baggereinsatz.

Im Januar 2009 wurde der nördliche Bereich, der abgetorft und bereits sehr dicht mit Waldkiefer bewachsen war, in Zusammenarbeit mit Landwirten des Maschinerings Lindau e.V. entwaldet und das Schnittgut mit freiwilligen Helfern aus der Fläche entfernt, soweit dies maschinell nicht möglich war.

Im Frühsommer werden nun die durch diese Maßnahme freigelegten Gräben wieder von Freiwilligen des Vereines Bergwaldprojekt e.V. in Handarbeit angestaut, da in dieser Fläche Maschineneinsatz wegen absehbarer Schäden nicht möglich ist. Im Randbereich kommt anschließend wieder der Bagger zum Einsatz um den Ausfluss aus dem Moor zu stoppen.

In weiteren Schritten wurden in den nächsten Jahren die Bereiche anderer Grabensysteme entbuscht und wiedervernässt. Ziel war es, das gesamte Hagspielmoor in den Zustand der Regeneration zu versetzen.

Begleitend und zur Erfolgskontrolle sind auf den wiedervernässten Flächen Pegel installiert, mit denen Wasserstandsveränderungen registriert und dokumentiert werden können. Außerdem will der BN durch regelmäßige botanische Kartierungen Veränderungen in der Pflanzenwelt aufzeichnen.

Isolde Miller, Gebietsbetreuerin